Finanzkrise, dann Staatsbankrott

Die beiden Ökonomen Carmen Reinhardt  und Kenneth Rogoff haben in ihrem Buch „This Time Is Different: Eight Centuries of Financial Folly“ untersucht, mit welcher Häufigkeit Staaten Bankrott gehen. Die Antwort lautet oft – sogar sehr oft. Griechenland ist ein Wiederholungstäter. In den letzten 200 Jahren hat Griechenland sechsmal seine Schulden gegenüber dem Ausland nicht mehr bedient. In dieser Zeitspanne war Griechenland während etwa 100 Jahren damit beschäftigt, seine Schulden umzustrukturieren. Der Rekordhalter ist jedoch Spanien: In den letzten 800 Jahren hat Spanien 14 Mal Konkurs angemeldet. Interessanterweise ist es hingegen bei angelsächsischen Ländern (USA, Kanada, Neuseeland und Australien) noch nie zu einem Zahlungsverzug gekommen.

Ein gängiger Mythos besagt, dass ein Staatsbankrott eine Folge von widrigen Umständen sei. Das stimmt so jedoch nicht. Ein Staatsbankrott ist eine politische Entscheidung. Jedes Land kann seine Schulden begleichen, nur ist das Einhalten der vertraglich abgemachten Zahlungen mit höheren Steuern oder einer Senkung der Staatsausgaben verbunden und daher oft gar nicht gewollt. Ein weiterer Mythos besagt, dass es bei einer tiefen Verschuldungsquote (Verhältnis von Schulden zu Bruttosozialprodukt) zu keinen Staatsbankrotten komme. Doch in der Hälfte aller Staatsbankrotte der letzten 40 Jahre, betrug die Verschuldungsquote weniger als 60%. Zur Erinnerung: Die EU erlaubt ihren Mitgliedsländern eine maximale Verschuldungsquote von 60%.

Reinhardt und Rogoff haben auch untersucht, wie sich Finanzkrisen auf die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts auswirken. Nicht überraschend kommt es nach einer Finanzkrise zu einer Häufung von Staatsbankrotten, weil Steuereinnahmen ausfallen und  zusätzliche Staatsausgaben  getätigt werden um die Konjunktur anzukurbeln. Zudem übernimmt der Staat die Verpflichtungen des angeschlagenen Bankensektors. Nach den Berechnungen von Reinhard und Rogoff steigt die Staatsverschuldung nach einer Finanzkrise innerhalb von 3 Jahren im Durchschnitt um 86 Prozent. Diesen Wert haben viele Länder als Folge der jüngsten Finanzkrise bereits überschritten. Zudem haben fast alle hoch entwickelten Länder riesige verdeckte Schulden, welche nicht bilanziert sind. Dazu gehören gesetzliche Ansprüche auf Pensionsgelder und medizinische Versorgung, welche die Staatsbudgets schon bald enorm belasten könnten.

Um einen Staatsbankrott zu vermeiden können Länder, welche eine eigene Währung haben und in der eigenen Währung verschuldet sind, die Notenpresse anwerfen. Eine so generierte Inflation würde die reale Last der Schulden reduzieren und vor allem die Pensionsversprechen entwerten. Diese Option ist aber gerade den Ländern im Euroraum verwehrt.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb der nächsten zwei Jahre in der EU, in den USA oder in Japan zu einem grösseren Staatsbankrott kommt? Die Einschätzung von Analysten ist 25.2% für die EU, 13.4% für Japan und 8.7% für die USA. Diese Zahlen sprechen für sich.

Ich gehe davon aus, dass für die Schweiz diese Wahrscheinlichkeit bedeutend kleiner ist. Wir haben die Finanzkrise überstanden ohne dass sich der Bund zusätzlich verschulden musste. Trotzdem sind auch wir gefährdet. Das Hauptproblem der Schweiz sind die beiden Grossbanken UBS und CS. Sie stellen ein beträchtliches Klumpenrisiko für die Schweiz dar. Die Gefahr ist umso realer, weil die beiden Grossbanken nichts aus der Finanzkrise gelernt haben. Es ist daher unverständlich, wieso Bundesrat und Parlament und die verantwortlichen Behörden (Finma und Nationalbank) dieses Problem des „too-big-too-fail“ nicht energischer angehen. Ein zweites „grounding“ einer Grossbank wäre mit enormen Kosten für den Steuerzahler verbunden. Den Kopf in den Sand stecken und beten löst das Problem nicht. Viele Verantwortliche glauben einfach, dass die UBS oder die CS alles im Griff haben. Diese Menschen leiden unter dem sogenannten „This Time is Different“ Syndrom. Reinhardt und Rogoff zeigen in ihrem Buch, dass genau diese Haltung dazu führt, dass sich Finanzkrisen wiederholen und aus der Geschichte keine Lehren gezogen werden.

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