Die Amerikanische Null-Zins-Politik

Die amerikanische Zentralbank hat jüngst angekündigt, den amerikanischen Leitzins bis Ende 2014 unverändert nahe bei null Prozent belassen zu wollen. Die Europäische Zentralbank hat Mitte Januar beschlossen, die Zinsen auf dem Rekordtief von einem Prozent zu belassen. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) verfolgt seit längerem eine Null-Zins-Politik.

Die Motivation der SNB ist nachvollziehbar. Sie hat aufgrund der Frankenstärke keine andere Wahl. Die Null-Zins-Politik der amerikanischen Zentralbank jedoch, beruht auf einer falschen Einschätzung des amerikanischen Wirtschaftspotentials. Diese geht davon aus, dass es eine beträchtliche Lücke gäbe, zwischen dem Wirtschaftspotential und dem realisierten Niveau des amerikanischen Bruttoinlandprodukts. Nach verschiedenen Berechnungen beträgt diese sogenannte „Output Lücke“ zurzeit atemberaubende  5.5 Prozent. Diese vermeintliche Lücke ist der Grund für die Null-Zins-Politik in den USA.

Wie gesagt, beruht sie auf einer Fehleinschätzung. Zur Berechnung der potentiellen amerikanischen Wirtschaftleistung wird als Grundlage das letzte Quartal im Jahr 2007 genommen. Anschliessend wird die durchschnittliche reale Wachstumsrate der vergangene Jahre herbeigezogen, um die heutige potentielle Wirtschaftsleistung zu schätzen.

Wieso diese Methode zu einer Fehleinschätzung der potentiellen Wirtschaftsleistung führt, hat kürzlich Jim Bullard von der Federal Reserve Bank in St. Louis an einem Beispiel verdeutlicht. Im März 2000 betrug der NASDAQ Index etwa 4800 Punkte. Heute, zwölf Jahre später, weisst dieser Index ungefähr 2700 Punkte auf. Nimmt man nun die 4800 Punkte als Grundlage und berechnet das durchschnittliche Wachstum des NASDAQ-Index in den vergangen Jahren, so kommt man zum Schluss, der Index liege massiv unter seinem Potential. Die meisten Ökonomen und Investoren wissen jedoch, dass im März 2000 die Hightech-Euphorie sein Ende fand und der NASDAQ spektakulär überbewertet war. Es käme niemandem in den Sinn den März 2000 als Referenzpunkt zur Berechnung des fundamentalen Wertes des NASDAQ’s zu wählen.

Genau dies passiert aber bei der Berechnung der vermeintlichen „Output-Lücke“ in den USA. Betrachten wir das letzte Quartal im Jahr 2007. Im Jahr 2008 ist in den USA der sogenannte „housing bubble“ implodiert worauf der überdimensionierte Finanzsektor fast kollabierte. Der Bau- und Finanzsektor waren vorher über Jahre hinweg überdurchschnittlich gewachsen, was dazu führte, dass die USA insgesamt überdurchschnittlich gewachsen sind. Heute sind die amerikanischen Häuserpreise etwa 30 Prozent unter dem Niveau von 2007 und der Finanzsektor ist weiterhin am Luft ablasen. Trotzdem wird das aufgeblasene Endquartal 2007 als Grundlage für die Berechnung des Wirtschaftspotentials genommen.

Eine realistische Einschätzung der amerikanischen Wirtschaft ist jedoch, dass sie sich bereits heute von der Rezession erholt hat und sich etwa wieder auf dem langfristigen Potential befindet. Sie wächst zurzeit mit etwa 2.5 Prozent, was dem langfristigen Durchschnitt entspricht. Es gibt also wenig Grund für experimentelle geldpolitische Massnahmen wie die langfristige Null-Zins-Politik oder gar quantitative Experimente wie QE3.

Mit der Null-Zins-Politik wird jedoch auf  Biegen und Brechen versucht, die vermeintliche „Output-Lücke“ zu schliessen. Dies kann beträchtliche Kollateralschäden nach sich ziehen. Im Normalfall dauert eine Null-Zins-Politik ein Jahr oder maximal zwei Jahre. Sie dient dazu, die Wirtschaft nach einer zyklischen Rezession wieder auf die Beine zu stellen. Heute besteht die Möglichkeit, dass diese Politik über mehrere Jahre wenn nicht gar Jahrzehnte verfolgt wird. Dies hat beträchtliche Verzerrungen zur Folge. Die grössten Verlierer dabei sind die Sparer (Sie haben dies wohl auch schon bemerkt, wenn Sie die mageren Erträge auf Ihrem Konto zur Kenntnis genommen haben). In den USA verlieren die Sparer heute effektiv Geld, da die realen Zinsen negativ sind. Diese Verluste führen dazu, dass die Sparer (in der Regel die älteren Generationen) ihren Konsum zurückfahren. Die jüngeren Generationen, welche in der Regel entsparen, zum Beispiel indem sie sich Geld ausleihen, um ein Haus zu kaufen, können diesen Konsumrückgang nicht kompensieren. Im Gegenteil, durch die hohe Arbeitslosigkeit und die verschärften Kreditbedingungen, ist ihr Zugang zu Krediten heute gegenüber früheren Jahren eingeschränkt.

Die Konsequenzen einer mehrjährigen Null-Zins-Politik sind schwierig abzuschätzen. Es gibt keine Erfahrung damit. Zudem beruht sie auf einer falschen Einschätzung des amerikanischen Wirtschaftspotentials. Es ist Zeit zur Normalität zurück zu kehren und die Zinsen auf ihr „normales“ Niveau zu heben. Innerhalb der amerikanischen Zentralbank gibt es eine Minderheit von Ökonomen, die diese Meinung vertritt. Die Mehrheit der Ökonomen versuchen weiterhin verzweifelt eine „Output-Lücke“ zu schliessen, die es nicht gibt.

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